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(Gesunde) Kommunikation in (gesunden) Beziehungen




Was wird für eine gesunde Kommunikation in gesunden Beziehungen benötigt?

Gerade denke ich über die Beziehungen und über die Rollen in diesen Beziehungsgefügen nach. Als Mutter, Tochter, Partnerin, Kollegin, Arbeitnehmerin, Betreuerin, Freundin, Bekannte, Therapeutin obliegen mir verschiedene Aufgaben mit Rechten und Pflichten.

Ich nehme meine Rollen ernst, ich versuche mein Bestes zu geben.

Manchmal belasten und manchmal entlasten mich meine Rollen.

Sie fordern und fördern mich.

Sie machen mich glücklich.

In all diesen Rollen habe ich zu kommunizieren.

Auf unterschiedlichste Art und Weise.

Meine motivierende, belehrende, konsequente, freundliche Art ist gefragt.

Manchmal meine strenge, stressresistente Art. Ich bin laut oder leise. Ich rede nicht nur mit Worten, meine Gestik, Mimik, Körperhaltung, die Stimmlage, meine Kleidung spielen eine wichtige Rolle in der Art meiner Kommunikation.

Lange Zeit musste ich mich in einer Männerdomäne behaupten, Respekt und Anerkennung erarbeiten. Zu lernen, klar und deutlich, mit knappen aber genauen Aussagen, die Emotionen aus dem Spiel lassend, meine Botschaften zu senden, war schon herausfordernd (Sender-Empfänger-Prinzip).

Diese Zeit war einer der lehrreichsten Zeiten für mich (ich hab zu meinem Vollzeitjob parallel studiert).

Meine Dozentin an der OTH sagte im 2. Semester zu mir (ich glaube, wir konnten uns gegenseitig anfangs nicht so gut riechen), wie ich überhaupt auf die Idee kam, Soziales zu studieren, so hart ich doch sei.

Naja, Jahre in einem Hochsicherheitsgefängnis haben halt ihre Hinterlassenschaften.

Oft wurde ich von meinem InnerCircle darauf aufmerksam gemacht, dass ich jetzt daheim wäre, zu Hause, und ich nicht in der JVA.

Tatsächlich entpuppte sich meine Kommunikation in einem Rehabilitationsverein nach meinem Studium als herausfordernd. Was in meinen Augen in Ordnung war, empfanden manche Klienten als forsch. Mein selbstbewusstes Auftreten schüchterte einige Klienten ein. Es hat lange gedauert, bis beide Seiten zufrieden waren.

Aber ich will unbedingt erwähnen, dass meine Dozentin zum Ende meines Studiums (vor allem nach dem Praxissemester habe ich sie schätzen gelernt und sie lieb gewonnen) meinte:

"Ich habe mir nicht gedacht, dass Sie sich so entwickeln. Ich habe so sehr ihre harte Seite kennengelernt, dass ich mir ihre weiche Seite nicht ausmalen konnte. Aber Sie haben es geschafft."

So nun denn, kehren wir wieder ins Hier und Jetzt zurück.

Also, wenn ich über meinen Tag nachdenke, erkenne ich, dass ich etwas bewirkt habe.

Ich verspüre keine Leere und keine verschwendete Zeit, aber ich spüre Müdigkeit.

Eine positive Müdigkeit (die Erkenntnis, etwas geschafft zu haben), aber weniger oft bemerke ich eine seelische Müdigkeit.

Reflektiere ich diese seelische/geistige Müdigkeit, stelle ich fest:

Sie drängt sich auf, wenn das Miteinander-reden, das Zuhören, das Kommunizieren mit all seinen Facetten zwischen Individuen nicht funktioniert.

Wenn Botschaften nicht ankommen.

Wenn neue Ideen keinen Platz finden,

wenn alles-der Bayer sagt-HOIBSCHARIG aufgenommen und verarbeitet wird.

Wenn nicht auf Fragen geantwortet werden.

Womit ich absolut nicht klar komme sind folgende Aussagen:

"Ich weiß es nicht." oder "Entscheide du!" oder "Mir egal." und wenn keine Ergebnisse (nach vielen Investitionen nicht sichtbar sind).

Und jeder hat solche Menschen um sich herum. Kinder, Partner, Eltern, Freunde, Arbeitskollegen, die "es" nicht wissen oder die sich nicht entscheiden können :) oder man das Gefühl bekommt, gegen Wände zu reden.

Eine unglaublich liebe Freundin von mir sagte mal: "Weißt du, ich bin jetzt in einem Prozess, da lehne ich mich zurück und lass geschehen. Das ist nicht leicht, aber es wird immer leichter. Vielleicht solltest du das auch mal versuchen?"

Ja natürlich versuche ich das. Das gelingt mal weniger und mal mehr. Immer mehr, aber noch nicht genug.

Aber manchmal höre ich nicht richtig zu. Also eigentlich möchte ich ja zuhören.

Da fordern mich meine Rollen so stark, dass ich glücklich bin über Ruhe, Ausgeglichenheit und Stille.

Kann auch sein, dass in meinem Kopf so viele Sachen umherschwirren, dass ich gerade versuche, Ordnung in meinem Hirn zu schaffen. Und das genau in dem Augenblick, wenn jemand versucht sich mir mitzuteilen.

Tatsächlich meinte mein HNO-Arzt, dass mein Hörvermögen auf der rechten Seite nicht mehr so toll sei, aber ausreichend.

Ich frage mich, ob ich meistens mit meinem rechten Ohr zuhöre :)

Aber den Faktor "Wille" sollte man auch nicht außer acht lassen.

Manchmal WILL ich einfach nichts hören oder anhören oder zuhören und das hat Auswirkungen.

Zum Beispiel:

Wieder einmal. Ich bin die Beute in dem Netz der Spinne. Diese klebrige Masse hält mich fest. Ich kann mich drehen und winden, ich komme da nicht mehr heraus. Und warum? Weil ich aus welchen Gründen auch immer, NICHT zugehört habe.

Aber ich hab dich doch letzten Freitag gefragt. Beim Essen. Da saßen wir gemeinsam am Tisch, haben einen grünen Salat mit 38 Karottenstreifen und 7 halbierten Cherrydatteltomaten gegessen. Da hab ich dich, während du aus dem Glas deine Johannesbeerschorle mit 78 ml Johannesbeersaft und 422 ml Wasser getrunken hast, gefragt, ob ich mit meinen Freundinnen weggehen darf. Und du hast ja gesagt. Weißt du noch, kannst du dich nicht erinnern?

Natürlich kennt sie nicht die Milliliter meines Getränks, aber sie kann detailgetreu die Umgebung beschreiben, in der die Kommunikation statt fand. Oder die fehlende Kommunikation :)

Aber tatsächlich hat das Kind, mein Kind, mein Mini-me das Talent, mich manchmal dann zu fragen, wenn ich nicht 100 % geistig und körperlich anwesend bin. Sie riecht es förmlich, wie aufnahmefähig ich bin.

Sie kann sich nicht daran erinnern, dass sie die Wäsche oder den Geschirrspüler ausräumen sollte oder den Müll runter bringen. Aber an alles, was mit ihren Mädels zu tun hat, kann sie sich erinnern.

Und dann, wenn ich mich erdreiste kund zu tun, dass meine Erinnerung mich im Stich gelassen hat, kommt prompt:

Du hörst mir nicht zu!

Wie soll denn Kommunikation funktionieren, wenn man sich gegenseitig nicht zuhört?

Wie kann ich denn die Bedürfnisse von Menschen, die mir nahe stehen erfüllen, wenn meine Gedanken wirklich - aus welchen Gründen auch immer - abschweifen?

Um Beziehungen aufrecht zu erhalten, soll kommuniziert werden. Zu einer gesunden Kommunikation gehören

aktives Zuhören,

ausreden lassen,

Klarheit,

präzise getroffene Aussagen,

die Körpersprache,

Empathiefähigkeit,

auf Augenhöhe zu sein,

der Umgangston

und viele weitere Aspekte.

In meiner Praxis in Deggendorf berate und begleite ich in Familien.

Die Eltern kommen und beschweren sich, weil sie die Kinder nicht erreichen könnten, weil sie in der Schule mit schlechten Leistungen glänzen, weil sie ihre Kinder nicht mehr "im Griff" haben.

Die Kinder behaupten, dass die Eltern keine Zeit für sie haben, ihnen nicht zuhören würden und "meine Eltern verstehen mich einfach nicht."

Es dauert einige Zeit, bis beide Parteien sich öffnen und lernen, TATSÄCHLICH ausreden zu lassen und zuzuhören.

In den meisten Fällen stellt man fest, dass aneinander vorbei geredet und

DIE EIGENEN WÜNSCHE, BEDÜRFNISSE ODER SEHNSÜCHTE NICHT KOMMUNIZIERT WERDEN, weil "ist mir egal." oder "ich weiß es nicht." vordergründig sind.

Wir als Erwachsene sollten uns mal Gedanken darüber machen, wie wir unseren Kindern oder unserem Umfeld Kommunikation vorleben können.

Ein Vorbild sein.

Und sich nicht scheuen, auch der Wahrheit entsprechend zuzugeben, dass man im Augenblick müde ist und vielleicht später über wichtige Sachen redet?

Um Verständnis vom Gegenüber bitten aber auch Auszeiten (ein)fordern, wenn nötig.

Das gilt in allen Beziehungen.

Auch in partnerschaftlichen Beziehungen kann man nicht sehen, was im anderen vorgeht.

Telepathische Fähigkeiten wären gut, aber Gedanken lesen haut auch noch nicht hin.

Vor allem die Kommunikation zwischen Mann und Frau basieret auf zwei verschiedenen Ebenen.

Mann ist rational: Aussage getroffen, klar und deutlich. Nur kommt das bei der Frau so nicht an. Frau emotional, alles hineininterpretieren.

SPOILER: Im Folgenden Sarkasmus und Ironie versteckt.

Er: “Gehen wir heute essen?“ Sie: “Warum? Schmeckt dir mein Essen nicht?“ Er: “Wie kommst du darauf? Ich wollt dir nur was Gutes tun.“ Sie: “Dann koch ich halt nicht mehr!“

Anderes Beispiel aus meiner Praxis. Eine Klientin, die in einem Scheidungskrieg steckt, erzählt von der Beziehung zwischen ihrer Mutter und ihr:

„Es geht mir nicht gut. Ich muss kämpfen. Um meine Kinder und damit mein Leben einigermaßen läuft. Alles ist aus den Fugen geraten. Ich werde vielleicht mein zu Hause verlieren. Ich bin so müde, brauche Zeit für mich. Meine Gedanken sortieren. Muss Kraft tanken. Ich will einfach wieder atmen können. Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich sogar meinen Kindern nicht genüge. Auch die sind mir in dieser Zeit zu viel. Ich will nicht, dass sie mich schwach erleben. Also hab ich meine Mutter gefragt, ob sie auf meine Kinder aufpassen kann. Nur ein paar Stunden. Und hab ihr so meinen Zustand versucht zu erklären. Und meine Mutter sagt dann wirklich nur: “Du Tanja, schau mal, hab ne Hose für Melanie gekauft. Meinst die gfällt ihr?“ Ich war sprachlos. Hat sie mir denn nicht zugehört? Ich brauch Zeit für mich, ich brauche Abstand, Kraft und sie fragt mich nach der Hose. Hab dann nichts mehr dazu gesagt, meine Tasche genommen und bin gegangen.

Ich weiß nicht, was leichter oder schwerer ist.

Miteinander reden, zuhören, den richtigen Ton treffen?

Was versprichst du dir von einem zwischenmenschlichen kommunikativem Austausch? Verfolgst du immer eine Absicht, wenn du mit jemandem redest?

Oder redest du nur, weil dir langweilig ist?

Wie redest du?

Lässt du teilhaben an deinen Gedanken, Gefühlen, Sehnsüchten?

Macht es dich angreifbar, dich zu öffnen?

Hast du womöglich schon oft versucht, zu reden, aber das Gefühl gehabt, dass es nicht zielführend war?

Die Hoffnung auch schon mal verloren, weil das Gefühl aneinander vorbei zu reden einfach sehr stark war und aufgegeben? Dich zu erklären, um Verständnis zu bitten oder zu erwarten?

Glaubst du deswegen schon im Voraus, dass dich dein Gegenüber eh nicht versteht?

Hast du jemanden, mit dem du dich auch ohne Worte verstehst?

Was brauchst du für eine gesunde, gute Kommunikation?

Geh jetzt in diesem Moment in dich. Atme tief ein und aus. Und denke an eine Situation zurück, in der du WIRKLICH das Gefühl hattest, dass

-dir zugehört wurde

-du verstanden wurdest

-dein Gesprächsziel erreicht hattest

-das Gespräch konstruktiv war

-du dich wohlgefühlt hast

-nichts Ungesagtes blieb

Auf welche Art und Weise habt ihr da miteinander kommuniziert?


Und stell dir zum Abschluss folgende Frage:


Wie kann Kommunikation zwischen zwei und mehreren Menschen funktionieren, wenn du nicht einmal (selten, manchmal) auf DICH SELBER hörst?

WANN HAST DU DIR DAS LETZTE MAL ZUGEHÖRT?

 

 
 
 

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